»New York ist schön durch die Gewalt, mit der das Leben hier zu den Sinnen spricht. Seine Schönheit gleicht der
von hohen Gebirgen oder mächtigen Strömen; sie ist sichtbare, unermeßliche Kraft, die hier wie dort
ein Teil der Allkraft ist; aber statt der kosmischen und physikalischen Gewalten hier der Mensch.«
Harry Graf Kessler, 1868 — 1937
Kesslers Tagebucheintrag aus dem Jahr 1896 veranschaulicht die Vorstellung vom Gefühl des Erhabenen, die sich seit Beginn des 18. Jahrhunderts etablierte, um Natureindrücke von Größe, Leere, Weite, Kraft und Gefährlichkeit zu beschreiben.
Auch gegenwärtig wird der Besucher in New York von ähnlichen Eindrücken und Gefühlen überwältigt sein. Die spektakulär-exzessive Ambivalenz gehört zu New Yorks beständigen Charakteristiken.
Zahllose Backsteinhäuser vergangener Zeiten, stehen neben den schillernden Palästen kommerzieller Unternehmen. Die Hülle der mehr als 6.000 Gebäude — mit teilweise über 100 Etagen — besteht aus Marmor, Stahl, Alu und Glas. Ihre Linien, vertikal und horizontal, prägen eine Stadt der rechten Winkel, hart und brillant. Die Makellosigkeit der auf Fernwirkung angelegten Architektur hat ihren Ursprung in der streng geometrischen Ausrichtung der Baublöcke und Strassen seit Beginn der Wachstumsphase im frühen 19. Jahrhundert.
Diesen auf Dauer angelegten und ordnenden Elementen, stehen die flüchtigen Momente menschlichen Daseins gegenüber. In den Strassenschluchten pulsiert eine Lebensenergie, die nach allen Seiten ausstrahlt und die Gleichzeitigkeit von Reichtum und Elend beleuchtet. Dennoch vermag die Stadt als »Heimat der Entwurzelten« (Malcom Cowley, 1898 — 1989) sich mit Geld, Vitalität und Menschen immer wieder zu erneuern.
Kodachrome Diapositiv
Sven Hobbiesiefken
Selbstverlag, 1997
68 Seiten, 10,4 x 14,8 cm
Auflage: 500
Broschur, signiert
10,70 € (inkl. 7% MwST)
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